Sechs Zivilisten und vier Polizisten bei Zusammenstößen in Nicaragua getötet
In Nicaragua sind bei Angriffen von Sicherheitskräften auf mehrere von Regierungsgegnern kontrollierte Orte im Süden des Landes nach Angaben von Menschenrechtsgruppen am Sonntag mindestens sechs Zivilisten und vier Polizisten getötet worden. Paramilitärs beschossen nach Angaben der katholischen Kirche das Auto des Bischofs von Estelí, Abelardo Mata. Der Unterhändler im Konflikt mit der Regierung von Staatschef Daniel Ortega blieb unverletzt.
Die Polizei und paramilitärische Kräfte seien in mehreren Oppositionshochburgen gegen die Bevölkerung vorgegangen, teilte der Nicaraguanische Verband für Menschenrechte (ANPDH) mit. Zwei Todesopfer waren demnach minderjährig. Außerdem habe es mindestens 20 Verletzte gegeben.
Die Vorfälle ereigneten sich laut ANPDH in der Stadt Masaya, 30 Kilometer südlich der Hauptstadt Managua, sowie in den Nachbarorten Diriá, Diriomo, Niquinohomo und Catarina. ANPDH-Präsident Álvaro Leiva kritisierte, dass die Behörden der Bitte, die Verletzten in Sicherheit bringen zu dürfen, nicht entsprochen habe. Er warnte die Bevölkerung zugleich vor Heckenschützen.
Der Erzbischof von Managua, Kardinal Leopoldo Brenes, prangerte an, dass die Ordnungskräfte in Caterina in das Pfarrhaus eindrangen und dort plünderten. Er rief die Regierung auf, religiöse Einrichtungen zu schonen und die Angriffe auf die Bevölkerung zu unterlassen.
Bischof Mata wurde Kirchenangaben zufolge in seinem Auto beschossen, mit dem er von Managua nach Masaya unterwegs war. Die Scheiben des Fahrzeugs seien zersplittert, ihm selbst sei jedoch nichts passiert.
Die Sicherheitskräfte hätten Masaya vollständig umzingelt, sagte Vilma Nuñez, die Vorsitzende des Nicaraguanischen Zentrums für Menschenrechte (Cenidh) der Nachrichtenagentur AFP. “Die Polizei und ihre Hilfstruppen greifen uns mit Sturm- und Maschinengewehren in unserem Viertel Monimbo an. Wir wehren uns mit selbstgebauten Sprengsätzen und Steinen”, sagte der Bewohner Álvaro Gomez. Andere Einwohner berichteten, in den frühen Morgenstunden seien die Sicherheitskräfte mit Baggern gegen Barrikaden vorgegangen.
Masaya gilt als Hochburg der Proteste gegen die Regierung. Die Unruhen in Nicaragua hatten Mitte April begonnen, als Sicherheitskräfte Demonstrationen gegen Rentenkürzungen gewaltsam niederschlugen. Seither weiteten sich die Proteste auf das ganze Land aus.
Sie richten sich gegen den autoritären Regierungsstil Ortegas und seiner Ehefrau, Vizepräsidentin Rosario Murillo. Der ehemalige Guerillakämpfer regierte Nicaragua von 1979 bis 1990 und erneut seit elf Jahren. Das derzeitige Mandat des 72-Jährigen endet offiziell im Januar 2022.
Bei den Demonstrationen gab es immer wieder gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern der Regierung. Dabei wurden bereits rund 280 Menschen getötet. Die Opposition fordert Ortegas Rücktritt oder vorgezogene Neuwahlen.