Kramp-Karrenbauer zur neuen Verteidigungsministerin ernannt

Drei mächtige Frauen auf Schloss Bellevue© AFP John MACDOUGALL
Mit ihrem Eintritt ins Kabinett hat CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer Parteifreunde und Opposition überrascht. Die 56-Jährige nahm am Mittwoch ihre Ernennungsurkunde entgegen und kündigte an, der Bundeswehr “höchste politische Priorität” zukommen zu lassen. Die Opposition, aber auch der Koalitionspartner SPD kritisierten ihren Schritt. Die Rede war von einer “Zumutung für die Truppe” und einem Missbrauch des Ressorts als “Spielwiese für CDU-interne Machtkämpfe”.
Die bisherige Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) empfing ihre Nachfolgerin am Mittag mit militärischen Ehren am Dienstsitz des Verteidigungsministeriums. Sie übernehme das Ministeramt “mit einem hohen Respekt, mit vollem Herzen und voller Überzeugung”, sagte Kramp-Karrenbauer. Sie wolle sich der “hohen Verantwortung” des neuen Amts stellen.
Kramp-Karrenbauer will auch als Verteidigungsministerin CDU-Vorsitzende bleiben. Ihren Amtseid als Ministerin soll sie am kommenden Mittwoch vor dem Bundestag ablegen. Dafür werden die Abgeordneten zu einer Sondersitzung aus der Sommerpause zurückgerufen. Noch vor zwei Wochen hatte Kramp-Karrenbauer einen Wechsel ins Kabinett abgelehnt mit dem Hinweis, dass sie sich ganz der Führung der CDU widmen wolle.
Wie Kramp-Karrenbauer künftig ihre Zeit zwischen Parteizentrale und Ministerium aufteilen will, stand zunächst noch nicht fest. Ein Plan sei in Arbeit, hieß es im Adenauerhaus. Absehbar sei, dass die Rolle von Generalsekretär Paul Ziemiak in der CDU-Zentrale durch Kramp-Karrenbauers Eintritt ins Kabinett “massiv aufgewertet” werde.
Die SPD und die Oppositionsparteien äußerten Zweifel an Kramp-Karrenbauers Kompetenz für das neue Amt und vermuteten parteitaktische Gründe hinter ihrer Ernennung.
Der SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs sprach Kramp-Karrenbauer die Glaubwürdigkeit ab, weil sie bis vor kurzen noch ein Ministeramt abgelehnt habe. “Ein Wortbuch ist kein guter Start für eine Verteidigungsministerin”, sagte er dem “Spiegel”. Der neuen Ministerin fehle es an Kompetenz. “Mir tut die Bundeswehr leid.”
Auch die FDP-Verteidigungsexpertin Agnes-Marie Strack-Zimmermann zog Kramp-Karrenbauers Kompetenz in Zweifel: “Frau Kramp-Karrenbauers einzige Expertise besteht in der Forderung nach einem Flugzeugträger, was eher in die Abteilung Büttenrede gehört”, sagte sie zu AFP. “Das hat die gebeutelte Bundeswehr nicht verdient.”
Linken-Fraktionsgeschäftsführer Jan Korte warf der CDU vor, sie mache Ministerien “zu Verschiebebahnhöfen, um die schrägen Personalprobleme der Union zu regeln”. Linken-Chef Bernd Riexinger befürchtete, dass es mit der neuen Ministerin zu mehr Auslandseinsätzen kommen könnte: “Erst kürzlich hatte sie die Frage offengelassen, ob sich deutsche Bodentruppen am völkerrechtswidrigen Krieg in Syrien beteiligen sollten”, sagte Riexinger zu AFP.
Die Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger forderte Kramp-Karrenbauer auf, mehr auf Bedürfnisse der Mitglieder der Bundeswehr einzugehen. Die neue Ministerin müsse “mehr darauf achten, die Soldaten und Soldatinnen wieder mitzunehmen”.
Mit ihrem Eintritt ins Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) überraschte Kramp-Karrenbauer auch die eigenen Parteifreunde. Ihren Entschluss habe sie am Dienstagabend am Ende einer Telefonkonferenz mit dem Parteipräsidium verkündet, hieß es aus CDU-Kreisen. Sie habe auf die hohe politische Bedeutung des Verteidigungsressorts verwiesen und darauf, dass insbesondere die Bundeswehr für die Union eine wichtige Rolle spiele.
Kramp-Karrenbauers Entscheidung sei “sehr positiv” aufgenommen worden, hieß es weiter. Die Erwartung sei, dass sie als Kabinettsmitglied “noch stärker” sei.
“Diese Überraschung ist mehr als gelungen!”, erklärte Parteivize Thomas Strobl nach der Besprechung. Bis Dienstag war vor allem Gesundheitsminister Jes Spahn (CDU) als Favorit für das Amt gehandelt worden.
Kramp-Karrenbauers Entscheidung ist keinesfalls ohne Risiko: Das Ministeramt gilt als politischer Schleudersitz. Ihre Vorgängerin trug dort einige Blessuren davon – etwa in der Berateraffäre, der Affäre um die Kostenexplosion bei der Sanierung des Segelschulschiffs “Gorch Fock” und durch Material- und Ausrüstungsmängel.