Schichtarbeit belastet Gesundheit – lässt sich aber häufig besser organisieren
Schichtarbeit ist für die Gesundheit riskant – die Belastung lässt sich durch eine bessere Organisation aber verringern. Den natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus zu ignorieren, könne die Gesundheit aus verschiedensten Gründen beeinträchtigen, heißt es in einer am Montag veröffentlichten Untersuchung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Ein kompletter Verzicht auf Schichtarbeit, etwa Nachtdienst im Krankenhaus, sei allerdings nicht möglich, schreiben die Autorinnen und empfehlen deshalb mehrere Maßnahmen zur Verbesserung.
So solle beim Ausarbeiten von Schichtsystemen berücksichtigt werden, dass „vorwärts rotierende Systeme, also Nachtschicht – Frühschicht – Spätschicht“ für die meisten Menschen besser verträglich seien, schreiben die beiden Forscherinnen Yvonne Lott von der Hans-Böckler-Stiftung und Anna Arlinghaus vom Beratungsunternehmen Ximes. Außerdem sollten Nachtschichtphasen kurz gehalten und stets genügend Pausen vorgesehen werden. Wichtig ist demnach zudem, dass Beschäftigte lange genug im Voraus planen können und nicht durch plötzliche Änderungen aus ihrem Rhythmus gerissen werden.
Grundsätzlich sollten Nachtschichten „möglichst vermieden werden“. Ein Praxisbeispiel aus der Automobilindustrie zeige dabei, dass dies in vielen Betrieben möglich sei. In einem Musterbetrieb ließen sich demnach 14 Prozent der Arbeitsinhalte von der Nacht auf den Tag verlagern – mit der Folge, dass diejenigen, die am schlechtesten mit der Nachtarbeit zurechtkamen, in ein Zweischichtsystem wechseln konnten.
Außerdem sollten besondere Belastungen möglichst nicht durch Geld, sondern durch Freizeit zur Erholung kompensiert werden, heißt es in der Analyse. Auch in Schichtsystemen könne zudem „ein gewisses Maß an Zeitsouveränität“, etwa durch Gleitzeiten oder kürzeren Arbeitszeiten verankert werden.
„Nachtschicht widerstrebt der Natur des Menschen“, schreiben die Forscherinnen. Beeinträchtigungen wie Schlafstörungen könnten die Folge sein. Statistisch sind demnach auch Zusammenhänge zwischen Schichtarbeit und Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen und sogar Krebs nachgewiesen – auch wenn die Befunde hier bei der Ursachenforschung noch „uneinheitlich“ seien, wie die Autorinnen betonen.
Schichtarbeit bricht der Untersuchung zufolge aber nicht nur mit dem biologischen Rhythmus, sondern auch der gesellschaftlichen Norm – und steht damit dem Sozialleben im Wege. So fällt Schichtarbeitern die Teilnahme an regelmäßigen Terminen etwa in Vereinen vergleichsweise schwer. Zwar gebe es mitunter auch Vorteile – wenn sich etwa Väter nach der Frühschicht um die Kinder kümmern könnten. „Insgesamt überwiegen aber die familiären Nachteile der Schichtarbeit“, erklärten Lott und Arlinghaus.
Der Hans-Böckler-Stiftung zufolge müssen sich 13 Prozent aller Arbeitnehmer mit wechselnden Schichten arrangieren. Laut einer Befragung der IG Metall sind bei Schichtarbeitern nur 35 Prozent mit ihren Arbeitszeiten zufrieden; bei den übrigen Beschäftigten sind es 54 Prozent.