Das Sturmtief „Ciara“, das in Deutschland als „Sabine“ wütet, hat auch andere Teile Europas mit voller Wucht heimgesucht. Mindestens vier Menschen starben, in vielen Ländern kam es zu Verkehrschaos und Stromausfällen. Hunderte Flugzeuge mussten am Montag bei Windgeschwindigkeiten von bis zu 200 Stundenkilometern unter anderem in Großbritannien und den Niederlanden am Boden bleiben. Auch in Frankreich und Belgien beeinträchtige der Sturm den Verkehr.
Auf einer Autobahn im Südwesten Londons starb nach Angaben der britischen Polizei ein Mann, als sein Auto von einem entwurzelten Baum getroffen wurde. In Polen starben eine Frau und ihre Tochter durch ein herunterstürzendes Dach, das von Windböen von fast hundert Kilometern pro Stunde vom Gebäude gerissen worden war. In Südschweden starb ein Mann, als sein Boot kenterte.
Der französische Netzbetreiber Enedis teilte mit, etwa 130.000 Haushalte seien wegen „Ciara“ ohne Strom. Am stärksten betroffen waren demnach der Norden und Osten Frankreichs. Der Zugverkehr in Frankreich war „stark gestört“, wie die Bahngesellschaft SNCF mitteilte. An den beiden Pariser Flughäfen wurden rund 50 Flüge gestrichen.
Besonders in Ostfrankreich rückte die Feuerwehr zu hunderten Einsätzen aus. Dort knickten Strommasten um, Dächer wurden abgedeckt und umgestürzte Bäume versperrten Straßen. Es wurden Windböen von bis zu 200 Stundenkilometern gemessen. In Paris stürzte ein Mann von einem Tretroller und starb an den Folgen seiner Kopfverletzung. Die Polizei schloss nicht aus, dass eine Windböe die Ursache für den Unfall war.
In den Niederlanden staute sich am Montag der morgendliche Berufsverkehr nach Polizeiangaben auf insgesamt mehr als 600 Kilometern Länge. Rund 220 Flüge wurden am Amsterdamer Flughafen Schiphol am Morgen gestrichen. Bereits am Sonntag hatten dort 240 Flieger nicht starten können.
Nach dem Bootsunglück in Südschweden mit einem Todesopfer wurde zudem ein Mensch vermisst. In Tschechien wurde ein Mann durch einen umstürzenden Baum verletzt. In 100.000 Haushalten fiel der Strom aus.
Der Schulunterricht in Luxemburg fiel wegen des Sturms am Montag aus, in Belgien kam der morgendliche Berufsverkehr wegen Straßensperrungen und Überschwemmungen praktisch zum Erliegen. Vor der belgischen Küste schaltete sich ein gesamter Offshore-Windpark aus Sicherheitsgründen automatisch ab.
In Großbritannien, das am Sonntag von dem Orkantief besonders heftig getroffen worden war, begannen am Montag die Aufräumarbeiten. Ein Sprecher der Wetterbehörde warnte jedoch, das Abziehen „Ciaras“ bedeute nicht unbedingt eine Entspannung der Lage. Nun drohten eisige Winde und bis zu 20 Zentimeter Schneefall. „Das Risiko heftiger Schneestürme kann nicht ausgeschlossen werden“, sagte Alex Burkill.
Flüge und Zugverbindungen im ganzen Land wurden gestrichen oder hatten Verspätung. Im Dorf Aberdaron in Wales wurden mit 150 Stundenkilometern die heftigsten Winde gemessen. In einigen Teilen des Landes fiel innerhalb von 24 Stunden so viel Regen wie sonst in anderthalb Monaten. Am Montag waren noch immer 180 Flutwarnungen in Kraft.
Die Region West Yorkshire war am schlimmsten von den Unwettern betroffen. In den Städten Hebden Bridge und Mytholmroyd wurden Autos überflutet, zehntausende Haushalte waren ohne Strom. Der am Sonntag eingestellte Fährverkehr zwischen Dover und Calais wurde am Montagmorgen wieder aufgenommen.
Passagieren von British Airways und Virgin Atlantic verlieh „Ciara“ indes unerwarteten Antrieb. Das Orkantief verkürzte die Flugzeit von New York nach London auf neue Rekordwerte: Drei Maschinen schafften die Strecke von 5554 Kilometern in unter fünf Stunden, wie das Portal Flightradar24 meldete.
Der Brite Michael Cullen, der für einen guten Zweck Großbritannien der Länge nach durchwandert, trotzte dem Wetter nur mit einer Badehose bekleidet. „Badehosen sind dafür ausgelegt, nass zu werden, und meine ist bei diesem Wetter wirklich klatschnass“, sagte er in Glastonbury.