Unerkannte Bluthochdruck-Gefahr: Wie hoher Blutdruck das Gedächtnis beeinträchtigt

ADN
Ein bisher wenig beachteter Zusammenhang zwischen verstecktem Bluthochdruck und Gedächtnisproblemen rückt in den Fokus der Forschung. Experten warnen, dass unerkannte Blutdruckschwankungen das Risiko kognitiver Beeinträchtigungen deutlich erhöhen können.
TL;DR
- Starke Blutdruckschwankungen gefährden das Gehirn im Alter.
- Neuer Marker: Instabilität wichtiger als durchschnittlicher Wert.
- Kognitive Gesundheit braucht stabile, nicht nur niedrige Blutdruckwerte.
Blutdruck-Schwankungen als unterschätztes Risiko
Die Forschung zum Zusammenhang zwischen Blutdruck und geistigem Abbau hat in den vergangenen Jahrzehnten meist auf die bekannten Gefahren einer anhaltenden Hypertonie verwiesen. Doch neuere Daten der USC Leonard Davis School of Gerontology, veröffentlicht im Journal of Alzheimer’s Disease, lenken den Blick nun auf eine bislang wenig beachtete Variable: die sogenannte dynamische Variabilität des Blutdrucks. Nicht nur der Mittelwert, sondern vor allem plötzliche Ausschläge könnten das Gehirn nachhaltig schädigen.
MRT-Befunde und neue Warnzeichen bei Senioren
In der aktuellen Untersuchung wurden 105 Freiwillige im Alter zwischen 55 und 89 Jahren, frei von schwerwiegenden neurologischen Erkrankungen, unter die Lupe genommen. Mithilfe von moderner MRT-Technik und einer digitalen Manschette am Finger konnten die Forscher die Druckwerte während sieben Minuten bei jedem einzelnen Herzschlag exakt erfassen. Besonders auffällig: Bei Probanden mit hoher Instabilität (gemessen durch den sogenannten ARV) und ausgeprägter Gefäßsteifigkeit (ASI) waren Hirnregionen wie Hippocampus und entorhinaler Kortex – beide essenziell für Gedächtnisleistungen – signifikant verkleinert. Außerdem zeigten sich in Blutproben erhöhte Werte des Proteins NfL (Neurofilament light), ein biomarker für neuronale Schädigung.
Zentrale Messgrößen der Gefäßgesundheit
Mehrere Faktoren erklären diese neuen Erkenntnisse:
- ARV (Average Real Variability): Misst Schwankungen zwischen zwei aufeinanderfolgenden systolischen Werten.
- ASI (Arterial Stiffness Index): Zeigt die Elastizität beziehungsweise Steifheit der Arterien an.
Professor Daniel Nation, Hauptautor der Studie, hebt hervor: Selbst normale Durchschnittswerte schützen nicht, wenn abrupte Schwankungen auftreten. Diese könnten frühe mikroskopische Schäden fördern, lange bevor Symptome spürbar werden.
Kardiovaskuläre Strategien für geistige Gesundheit überdenken
Bisher galten vorrangig dauerhaft erhöhte Werte als problematisch. Die jüngsten Befunde legen nun nahe, dass Stabilität genauso wichtig ist wie ein niedriger Wert selbst. Auch Professor Trevor Lohman, Co-Autor der Arbeit, plädiert dafür, kardiovaskuläre Leitlinien zu überarbeiten: Ein konstanter Blutfluss schütze das Gehirn wirksamer vor altersbedingtem Abbau als bisher angenommen. Damit zeichnet sich ein Paradigmenwechsel in der Bewertung des neurodegenerativen Risikos ab – mit potenziellen Folgen für Prävention und Therapie im höheren Lebensalter.