Neue genetische Erkenntnisse zur Ursache von Dyslexie enthüllt

ADN
Erstmals haben Wissenschaftler eine umfassende genetische Analyse zur Dyslexie durchgeführt und dabei zahlreiche beteiligte Gene identifiziert. Diese Erkenntnisse bieten neue Ansätze für das Verständnis und die Behandlung der weitverbreiteten Lesestörung.
TL;DR
- Großstudie entdeckt 80 genetische Regionen für Dyslexie.
- Dyslexie betrifft mehr als Lesen und Schreiben.
- Verbindungen zu chronischen Schmerzen und TDAH gefunden.
Neue Einblicke in die Genetik der Dyslexie
Eine internationale Forschungsgruppe unter der Leitung von Hayley Mountford an der University of Edinburgh hat eine bahnbrechende Studie zur genetischen Grundlage der Dyslexie veröffentlicht. Mit Daten von über 1,2 Millionen Teilnehmenden stellt diese Untersuchung einen Meilenstein in der Erforschung neuroentwicklungsbedingter Störungen dar. Die Ergebnisse werfen nicht nur ein neues Licht auf die Ursachen dieses weit verbreiteten Phänomens, sondern erweitern auch das Verständnis seiner vielfältigen Ausprägungen.
Dyslexie: Mehr als ein Lesestörung
Lange galt Dyslexie vor allem als Synonym für Probleme beim Lesen und Schreiben. Doch das Bild ist differenzierter: Auch Schwierigkeiten mit Rechtschreibung, Grammatik oder dem Verstehen mündlicher Anweisungen gehören zum Spektrum. Bemerkenswert ist zudem, dass Betroffene häufig besondere Stärken entwickeln – etwa eine ausgeprägte nonverbale Kreativität, wie sie auch bei anderen Formen von Neurodivergenz, beispielsweise dem Autismus-Spektrum oder TDAH, beobachtet wird.
Genetische Regionen und überraschende Verbindungen
Die Forscherinnen und Forscher identifizierten in ihrer umfassenden Genomanalyse insgesamt 80 relevante Bereiche im menschlichen Erbgut, darunter 36 bislang unbekannte. Besonders überraschend war, dass dreizehn dieser Regionen noch nie zuvor im Zusammenhang mit Dyslexie beschrieben wurden. Einige dieser genetischen Abschnitte steuern offenbar die frühkindliche Gehirnentwicklung; andere zeigen auffällige Überschneidungen mit Faktoren, die auch bei TDAH eine Rolle spielen.
Überraschend kristallisierte sich zudem eine Verbindung zu bestimmten Formen von chronischen Schmerzen heraus. Noch ist unklar, durch welchen biologischen Mechanismus diese Korrelation entsteht. Doch deuten die Resultate darauf hin, dass neuroentwicklungsbedingte Störungen und Schmerzverarbeitung gemeinsame genetische Wurzeln haben könnten.
Blick nach vorn: Personalisierte Unterstützung rückt näher
Die Studie öffnet neue Forschungsfelder, denn nun gilt es vor allem folgende Aspekte genauer zu beleuchten:
- Zusammenhang zwischen chronischem Schmerz und Dyslexie;
- Konkretisierung der Rolle einzelner Gene in der Gehirnentwicklung betroffener Kinder.
Insgesamt nähren diese Erkenntnisse die Hoffnung auf individuell zugeschnittene Förderstrategien und eine vertiefte Aufklärung über die biologischen Hintergründe von Dyslexie – zugunsten aller Betroffenen.