Vertauscht bei der Geburt: Zwei Frauen fordern Entschädigung nach 20 Jahren

ADN
Vor zwanzig Jahren wurden zwei Neugeborene in einer französischen Klinik vertauscht. Nun fordern die inzwischen erwachsenen Frauen Entschädigung und Gerechtigkeit für das folgenschwere Versehen, das ihre Lebenswege nachhaltig beeinflusst hat.
TL;DR
- Babys bei Geburt in Spanien vertauscht.
- Fehler erst nach 20 Jahren durch DNA-Test entdeckt.
- Gericht spricht Entschädigung, Trauma bleibt bestehen.
Verwechslung im Kreißsaal: Zwei Leben unwiderruflich geprägt
Im Jahr 2002 ereignete sich in der Maternité de Logroño im Norden Spaniens ein kaum vorstellbarer Vorfall: Durch einen fatalen menschlichen Fehler wurden zwei Neugeborene direkt nach der Geburt an die jeweils falschen Familien übergeben. Erst zwanzig Jahre später förderten moderne DNA-Tests ans Licht, was beiden jungen Frauen zuvor völlig unbekannt gewesen war – ihr gesamtes bisheriges Leben hatte auf einer Verwechslung beruht.
Familiäre Tragödie und juristische Aufarbeitung
Die Folgen dieser Kinderverwechslung reichen weit über den Schock hinaus. Besonders für eine der Betroffenen nahm das Schicksal einen dramatischen Verlauf: Sie wuchs bei ihrer Großmutter auf, da ihre nicht leiblichen Eltern schwerbehindert waren. Das Fehlen klassischer elterlicher Bindung hinterließ tiefe Spuren. Ihr Rechtsanwalt, José Sáez Morga, spricht von einem „irreparablen Schaden“. Hinzu kommt ein weiterer schwerer Verlust – ihre leibliche Mutter verstarb bereits 2018, sodass es nie zu einer Begegnung zwischen Mutter und Tochter kommen konnte.
Langer Weg zur Teilentschädigung
Erst im Jahr 2021 beschlossen beide Frauen, rechtliche Schritte einzuleiten und Gerechtigkeit einzufordern. Die anschließende Untersuchung bestätigte die damalige Verwechslung im Krankenhaus. Nach jahrelanger Ungewissheit urteilte die spanische Justiz: Eine der Klägerinnen erhält eine finanzielle Entschädigung in Höhe von 975 000 Euro – deutlich weniger als die ursprünglich geforderten drei Millionen Euro. Mehrere Faktoren erklären diese Entscheidung:
- Die Versicherung des betroffenen Krankenhauses übernimmt die Auszahlung.
- Für die zweite Frau steht das Verfahren samt Forderungen noch aus.
Tieferes Trauma bleibt – und offene Fragen zur Verantwortung
Obwohl die gerichtliche Entscheidung nicht abschließend ist und angefochten werden könnte, bleibt eines klar: Die betroffenen Frauen sind für immer um zwanzig Jahre familiärer Zugehörigkeit und Identität gebracht worden. Die eigentliche Tragweite des Geschehens lässt sich weder durch Geld noch durch juristische Maßnahmen ungeschehen machen – so mahnt auch ihr Anwalt. Dieser Fall rückt zugleich die Frage nach der Verantwortlichkeit medizinischer Einrichtungen bei schweren Fehlern erneut in den Fokus der öffentlichen Diskussion.