Warum Chrom als essentielles Spurenelement gilt – Nutzen und Mythen

ADN
Obwohl Chrom im menschlichen Körper keine nachweisbare biologische Funktion erfüllt, wird es häufig als essentielles Spurenelement bezeichnet. Diese Einstufung sorgt in der Wissenschaft weiterhin für Diskussionen und Verunsicherung bei Verbraucherinnen und Verbrauchern.
TL;DR
- Wissenschaftliche Belege für Chrom als Nahrungsergänzung fehlen.
- Empfehlungen beruhen meist auf statistischen Schätzungen.
- Keine nachgewiesene essentielle Funktion von Chrom beim Menschen.
Chrom: Ein kritischer Blick auf den glänzenden Ruf
Obwohl Chrom regelmäßig als Wunderwaffe in der Regulierung des Blutzuckers und zur Verbesserung sportlicher Leistungen angepriesen wird, stützt sich dieser Ruf auf erstaunlich wackelige wissenschaftliche Fundamente. Wer einen genaueren Blick auf die Geschichte dieses Spurenelements wirft, erkennt schnell, wie fragil der vermeintliche Nutzen tatsächlich ist.
Fragwürdige Ursprünge einer populären Theorie
Die Vorstellung vom essenziellen Charakter des Chroms entspringt Experimenten aus den 1950er-Jahren, bei denen Forschende an Ratten eine mögliche Wirkung gegen Symptome des Typ-2-Diabetes feststellten. Diese ersten Ergebnisse wurden allerdings unter methodisch mangelhaften Bedingungen erzielt: Weder adäquate Kontrollgruppen noch aussagekräftige Analysen kamen zum Einsatz. Dennoch griffen Industrie und einzelne Gesundheitsbehörden diese Hypothese rasch auf und etablierten Chrom in zahllosen Multivitaminpräparaten – ein Vorgang, der mehr von wirtschaftlichen Interessen als von harter Evidenz getragen scheint.
Bedeutungslosigkeit aus biochemischer Sicht
Während essentielle Spurenelemente wie Eisen oder Zink klare biochemische Rollen erfüllen, bleibt beim Chrom jede entscheidende Funktion im menschlichen Stoffwechsel unbelegt. Mehrere Faktoren erklären diese Skepsis:
- Der menschliche Körper absorbiert nur etwa ein Prozent des aufgenommenen Chroms.
- Bisher wurde kein essentieller Bedarf für Mensch oder Tier nachgewiesen.
- Kritische Proteine sind nicht auf Chrom angewiesen.
Selbst bei gezieltem Verzicht zeigen sich keine Mangelerscheinungen – ein Umstand, der die Rolle des Elements weiter relativiert.
Empfehlungen ohne Fundament – das Paradox der Supplementierung
Warum also existieren weiterhin offizielle Empfehlungen? Sie gehen überwiegend zurück auf eine Analyse des renommierten National Institute of Medicine, die im Jahr 2001 erschien. Die Experten orientierten sich jedoch lediglich an Durchschnittswerten des US-amerikanischen Konsums – einschließlich aller Quellen wie Edelstahlkochgeschirr oder industrielle Rückstände. Eine physiologisch begründete Notwendigkeit konnte dabei nie belegt werden.
Vor diesem Hintergrund bleibt festzuhalten: Trotz seiner allgegenwärtigen Präsenz in Werbebotschaften hat sich das Nahrungsergänzungsmittel Chrom weder als unentbehrlich noch als signifikant nützlich erwiesen.