Wiedereinführung der Wehrpflicht in Frankreich und europäischer Vergleich

ADN
Während Frankreich über die Wiedereinführung der Wehrpflicht diskutiert, stellt sich vielerorts in Europa die Frage nach dem aktuellen Stellenwert des Militärdienstes. Unterschiedliche Modelle und gesellschaftliche Debatten prägen das Bild in den europäischen Staaten.
TL;DR
- Europäische Staaten verfolgen unterschiedliche Wehrpflicht-Modelle.
- Mehr Länder reaktivieren oder reformieren die Konskription.
- Frankreich startet 2026 mit freiwilligem Dienst neu.
Europa zwischen Pflicht und Freiwilligkeit
Die Diskussion um den Wehrdienst erlebt in vielen Teilen Europas derzeit eine Renaissance – nicht zuletzt getrieben durch neue geopolitische Unsicherheiten. Unterschiedliche historische Erfahrungen und aktuelle Bedrohungslagen führen dabei zu sehr verschiedenen politischen Kursen. Ein genauer Blick zeigt: Zwischen Nord und Süd, Ost und West setzt jeder Staat eigene Akzente.
Konskription bleibt vielerorts bestehen – oder kehrt zurück
Einige Länder haben die verpflichtende Konskription nie abgeschafft. So setzen Estland, Zypern, Österreich und die Schweiz weiterhin auf einen verpflichtenden Militärdienst für Männer, wobei Frauen sich freiwillig beteiligen können. Im Norden Europas, etwa in Finnland, dauert der Dienst zwischen sechs und zwölf Monaten, gefolgt von einer langen Reservezeit. Interessant ist: In Dänemark, seit Kurzem auch für Frauen zugänglich, wurde die Dauer jüngst auf elf Monate verlängert. Ebenso fortschrittlich zeigen sich Norwegen und Schweden, wo die Geschlechterparität inzwischen etabliert ist.
Mehrere Faktoren erklären diese Entwicklung:
- Zunehmende regionale Spannungen erhöhen das Sicherheitsbedürfnis.
- Länder wie die Lithauen, die Lettland und bald auch die Kroatien haben die Wehrpflicht nach Jahren wieder eingeführt.
- Südeuropäische Staaten wie Griechenland halten an traditionellen Modellen fest.
Freiwillige Modelle in West- und Mitteleuropa im Kommen
Anderswo dominiert das Prinzip der Freiwilligkeit. Die Nachbarn der Frankreichs, wie etwa die Belgien, wollen ab 2026 einen freiwilligen Dienst für beide Geschlechter anbieten. Auch in den Niederlanden, der Bulgaria, der Rumänien sowie potenziell bald wieder in der Deutschland, entstehen vergleichbare Modelle. Im Gegensatz dazu verfolgt das aktuelle Kabinett des Vereinigten Königreichs keinerlei Pläne zur Wiedereinführung eines verpflichtenden Dienstes. Staaten wie die Pole oder die Spanien bevorzugen dagegen zeitlich befristete, optionale Programme.
Zaghafte Schritte: Frankreichs neuer Nationaldienst ab 2026
Frankreichs Regierung plant nach jahrzehntelanger Pause einen neuen freiwilligen „Dienst National Universel„. Erstmals ab Sommer 2026 könnten rund 3 000 Jugendliche teilnehmen; langfristig sind bis zu 50 000 jährlich vorgesehen. Interessant: Der Einsatzbereich bleibt ausschließlich auf das französische Staatsgebiet beschränkt – eine bewusste Entscheidung im Spannungsfeld zwischen Tradition und Gegenwart.
Tatsächlich zeigt sich ein Europa der vielen Wege: Während manche Nationen an alten Modellen festhalten oder diese wiederbeleben, experimentieren andere mit innovativen Lösungen – immer mit Blick auf Sicherheit, Gesellschaft und politische Identität.