Proteinaktivierung verjüngt alternde Nervenzellen bei Mäusen – neue Studie

ADN
Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass die gezielte Aktivierung einer bestimmten Proteinstruktur alternden Nervenzellen bei Mäusen wieder zu mehr Leistungsfähigkeit verhilft. Dies könnte langfristig neue Ansätze für die Behandlung altersbedingter neurologischer Erkrankungen eröffnen.
TL;DR
- Astrozyten als neuer Ansatzpunkt bei Alzheimer entdeckt.
- Sox9-Protein verbessert Gedächtnis und Amyloid-Abbau bei Mäusen.
- Ergebnisse geben Hoffnung auf innovative Therapien.
Ein neuer Blickwinkel im Kampf gegen Alzheimer
Bislang lag der Fokus bei der Entwicklung von Therapien gegen die Alzheimer-Krankheit vor allem auf den Neuronen oder auf dem Verhindern der Entstehung sogenannter Plaques amyloides. Doch eine Forschungsgruppe am Baylor College of Medicine hat nun einen bislang unterschätzten Zelltyp ins Zentrum ihrer Untersuchungen gerückt: die Astrozyten. Diese Zellen gelten zwar traditionell als „Unterstützer“ der Nervenzellen, doch ihre genaue Rolle im alternden Gehirn blieb lange Zeit unklar.
Astrozyten und das Protein Sox9: Unerwartete Protagonisten
Mit zunehmendem Alter verändern sich Astrozyten – das steht fest. Der Neurowissenschaftler Dong-Joo Choi, inzwischen an der University of Texas Health Science Center at Houston, hebt hervor, wie wenig über die langfristigen Auswirkungen dieser Veränderungen bekannt ist. Im aktuellen Mausmodell zeigte sich jedoch, dass ein erhöhter Spiegel des Proteins Sox9 in den Astrozyten die Fähigkeit dieser Zellen verbessert, schädliche Proteinablagerungen zu beseitigen. Damit wird ein Mechanismus aktiviert, durch den insbesondere der Rezeptor MEGF10 eine tragende Rolle spielt.
Kognitive Verbesserungen dank gezielter Stimulation
Der eigentliche Durchbruch gelang, als die Forscher bei bereits erkrankten Tieren gezielt den Sox9-Spiegel erhöhten. Die Folge: Die „Putzleistung“ der Astrozyten gegenüber den Amyloid-Ablagerungen stieg messbar – und auch die kognitiven Leistungen der Tiere verbesserten sich nachweislich. Wurde Sox9 hingegen ausgeschaltet, verschlechterte sich sowohl das Gedächtnis als auch die Kontrolle über pathologische Ablagerungen deutlich.
Mehrere Faktoren erklären diese Entscheidung für das Mausmodell:
- Tiere zeigten bereits deutliche kognitive Defizite, vergleichbar mit menschlichen Symptomen.
- Plaque-Bildung war zum Zeitpunkt des Eingriffs fortgeschritten.
- Die Situation war damit wesentlich näher an realen Krankheitsverläufen beim Menschen als frühere Ansätze.
Zukunftsperspektiven: Komplementäre Therapiestrategien rücken in Reichweite
Angesichts der Komplexität von Alzheimer und vieler offener Fragen rund um Ursache und Wirkung von Proteinansammlungen gilt jeder neue Ansatz als wertvoll. Der Neurowissenschaftler Benjamin Deneen betont, dass das gezielte Aktivieren körpereigener Abwehrmechanismen durch Astrozyten künftig genauso entscheidend sein könnte wie direkte neuronale Ansätze. Obwohl bislang nur Tierversuche vorliegen, wächst damit die Hoffnung auf ganz neue therapeutische Möglichkeiten – gestützt auf eine bessere Kenntnis jener Zellen, die bisher im Schatten standen.