Johnson pocht bei TV-Debatte auf Brexit bis zum 31. Oktober
Der britische Ex-Außenminister und Favorit für das Amt des Premierministers, Boris Johnson, beharrt auf dem Brexit-Datum 31. Oktober. Bei einer TV-Debatte mit den anderen Kandidaten für die Nachfolge von Partei- und Regierungschefin Theresa May sagte Johnson am Dienstagabend im Sender BBC, andernfalls drohe ein “katastrophaler Verlust von Vertrauen in die Politik”. Mit seinem Auftritt festigte Johnson vor der dritten Wahlrunde der Tory-Abgeordneten am Mittwoch seine Favoritenrolle.
“Ich denke, die Briten haben die Nase gestrichen voll”, sagte der Brexit-Hardliner in der Fernsehdebatte. Auf die Frage, wer einen EU-Austritt Großbritanniens zum mit der EU vereinbarten Termin 31. Oktober “garantieren” könne, hoben aber weder er noch seine vier Rivalen die Hand.
Der frühere Bürgermeister von London liegt im Rennen um Mays Nachfolge klar auf dem ersten Platz. Am Dienstag landete er bei der zweiten Runde zur Wahl des neuen Vorsitzenden der konservativen Tory-Partei mit 126 von 313 Stimmen klar vorne.
Bei der anschließenden TV-Debatte im Sender BBC trat Johnson, der für Patzer bekannt ist, staatsmännisch auf und gab sich keine Blöße. Obwohl er mit seinem Aufritt aber auch nicht gerade glänzte, reichte dieser nach allgemeiner Auffassung zur Festigung seiner Favoritenrolle. Die Tageszeitung “Guardian” kommentierte anschließend, der 54-Jährige bleibe eindeutig “Spitzenreiter” im Rennen um die Parteispitze und werde “fast sicher” nächster Premierminister des Landes.
Neben Johnson sind noch Außenminister Jeremy Hunt, Umweltminister Michael Gove, Entwicklungsminister Rory Stewart und Innenminister Sajid Javid im Rennen. Vor allem Stewart legte eine beeindruckende Aufholjagd hin: Auf ihn entfielen bei der Wahl am Dienstag 37 Stimmen und damit fast doppelt so viele wie in der Vorwoche. Ausgeschieden war hingegen der ehemalige Brexit-Minister Dominic Raab. Am Mittwoch stellte er sich ebenfalls hinter Johnson: Dieser sei der einzige, der Großbritannien wie geplant am 31. Oktober aus der EU führen werde, sagte Raab.
Entwicklungsminister Stewart hingegen schließt als einziger Kandidat einen harten Brexit aus. Seinen Rivalen, die allesamt darauf beharren, dass sie Mays Abkommen mit Brüssel neu verhandeln können, wirft er vor, Märchen zu erzählen. Für ihn ist Mays Abkommen die einzige realistische Option, um Chaos zu vermeiden, und als einziger Kandidat will er ihren Deal erneut dem Parlament zur Abstimmung vorlegen.
Am Ende gebe es nur einen Weg für einen geordneten Brexit, sagte Stewart am Mittwoch im BBC-Rundfunk. Dieser führe über das Parlament, und da “gibt es nur ein Abkommen”. Nach Einschätzung des “Daily Telegraph” könnte es auf eine Stichwahl zwischen Johnson und Stewart hinauslaufen.
Stewart war bei der Fernsehdebatte am Dienstagabend auch der einzige Kandidat, der sich einen direkten Schlagabtausch mit Johnson lieferte. Er kritisierte, die Drohung mit einem harten Brexit sei kein “glaubwürdiges Druckmittel” gegenüber Brüssel. Die EU hatte wiederholt deutlich gemacht, dass sie das bereits ausgehandelte Abkommen nicht mehr aufschnüren werde.
Johnson hat versprochen, Großbritannien werde die EU am 31. Oktober verlassen – ob mit oder ohne Abkommen. Bei seinem offiziellen Wahlkampfauftakt für den Posten des Parteivorsitzenden vergangene Woche schlug er gemäßigtere Töne an und bezeichnete einen Brexit ohne Abkommen als “letzten Ausweg”. Am Dienstag sagte er dann, niemand wolle eine “No-Deal-Lösung”. Deshalb werde er für ein Ergebnis sorgen, dass “sowohl das Vereinigte Königreich wie auch die EU schützt”.
Die Tory-Abgeordneten stimmen erneut am Mittwoch und Donnerstag über Mays Nachfolge ab, bis das Feld auf zwei Kandidaten geschrumpft ist. Zwischen diesen beiden entscheiden dann die rund 160.000 Parteimitglieder. Der neue Vorsitzende soll bis Ende Juli gekürt sein, er wird dann auch neuer Regierungschef.
Premierministerin May war als Parteichefin zurückgetreten, nachdem sie in ihrer Partei über Monate keinen ausreichenden Rückhalt für ihren Brexit-Kurs erhalten hatte. Zuvor war ihr mit Brüssel ausgehandeltes Brexit-Abkommen drei Mal im Parlament durchgefallen. Bis ihr Nachfolger feststeht, bleibt May als Regierungschefin im Amt.